Harter Titel, wa’? Is’ aber so. Und da der Titel eine Erklärung impliziert, werde ich euch diese jetzt auch geben. Und wisst ihr was? Eine Geschichte hau ich noch drauf.
Ich selber bin hauptsächlich Ashtanga-Yogalehrerin. Ashtanga Yoga kommt aus einer Tradition, in der man, wie bei Hatha Yoga auch, hauptsächlich am Morgen praktiziert. Der Mysore Style, eine Art „Yogastunde“, in der jeder für sich selbst durch die Ashtanga-Sequenz geht und ein*e Lehrer*in Unterstützung bei Positionen gibt, wird üblicherweise am Morgen angeboten. An sich ist das eine Idee, die ich selbst sehr verlockend finde, und, als ich noch in meinen Yoga-Anfängen war, beim Praktizieren auch positive Auswirkungen auf meinen Körper spürte. Ich erinnere mich gut an meinen ersten Retreat, als ich dachte: „Wow, wäre das nicht wunderbar? Jeden Morgen aufstehen und erst einmal morgens Yoga machen und anschließend den Arbeitsalltag ganz entspannt beginnen lassen.“ Yoga am Morgen hieß bei dem Retreat von 9:00 bis 11:00 Uhr am Vormittag. Etwas, was an normalen Arbeitstagen für einen 9-to-5-Job unmöglich wäre. Bei Ausbildungen in Indien werden die Yogastunden dann auch schon um 6:00 Uhr morgens angeboten, was aufgrund der Lichtverhältnisse und der Hitze wahrscheinlich die praktischste Variante ist. Dies ist aber aufgrund der Berliner Partyszene wiederum nicht gerade clever, denn Schlaf muss auch mal sein.
Aber trotzdem ist doch die Idee schön, deinen Körper als erste Amtshandlung des Tages aufzuwärmen, zu dehnen und gut zu behandeln. Auch dem strebte ich hinterher und habe einige Monate versucht morgens zwischen 7 Uhr und 7:30 Uhr zur Mysore Class zu gehen, um mit meiner regelmäßigen Practice mein Yoga zu verbessern. Nur irgendwie merkte ich, dass ich mit jedem Monat immer weniger Spaß hatte an der Practice, mein Körper nicht so wollte wie ich und ich eher Rückschritte zu machen schien, anstatt besser zu werden. Da ich beim Yoga meine Ambitionen etwas zurückgeschraubt hatte, da Yoga eher zur Entspannung als zur Frustration dienen sollte, war es auch alles anfangs kein großes Problem. Aber irgendwie schrumpfte und schrumpfte mein Spaß an der Praxis langsam, bis ich irgendwann nicht mehr wusste, warum ich eigentlich zum Yoga gehe. Ja, es hilft meinem Rücken, um den Büroalltag zu überstehen. Ja, mein Körper fühlt sich freier danach. Aber ich hatte mich beim Yoga mal anders gefühlt.
Ich kannte noch das Gefühl von Fülle und Leichtheit zugleich. Ich war mit Freude in jeder Position, während ich plötzlich meinen Hintern nicht mehr ordentlich hoch bekam zum Nachvornespringen. Was war los???
Als ich nach langer Zeit mal wieder am späten Nachmittag trainierte, dachte ich, dass ich fliege. Positionen, in die ich mich morgens nicht mehr dehnen konnte, waren plötzlich kinderleicht. Meine Bewegungseinschränkungen waren einfach verschwunden. Dabei hatte ich doch gar nichts anders gemacht…Bis auf die Uhrzeit.
Es brauchte eine lange Zeit, bis ich bemerkte, dass mein Körper stocksteif, ist und sich erst ab vielleicht 9:00 Uhr morgens meine Steifheit aus meinen Gliedern langsam löst. Ja, mein Körper ist anders als deiner und dein Körper ist anders als der von wieder jemandem anderen. Einmal meinte eine Yogalehrerin zu mir: „Ja, später am Tag ist es leicht, weil dein Körper dann schon aktiver ist. Aber das am Morgen ist die Wahrheit!“ Und da frage ich mich: „Welche Wahrheit denn bitte?“ Müssen wir immer dreimal ums Haus laufen, um endlich hineinzukommen? Außerdem glaube ich nicht, dass es fair ist zu sagen, dass jemand, der physiologische Vorteile hat und evtl. von Geburt an eine extreme Flexibilität hat, die Wahrheit im Yoga besser ausleben kann als ich als Morgen-Yoga-Muffel.
Diese Meinung von mir wurde auch bestätigt, als ich in der Yoga-Vidya-Yogalehrer-Ausbildung wahrgenommen hatte, dass Kollegen, die eigentlich weitaus schlechter gedehnt waren als ich, in manche Positionen um 8:00 Uhr morgens besser kamen und länger entspannt darin verharren konnten als ich. Während um mich herum die Welt unterging, weil meine Muskeln und Sehnen einfach wie ein Drahtseil festhingen und sich in meinem Körper nicht viel tat, waren diese Menschen wie die absoluten Yogis für mich: Entspannt und harmonisch. „Fuck you Halasana!“, dachte ich nur. Das ist die schlimmste Position auf Erden…Aber nur vor 12 Uhr mittags. Danach ist die Beziehung zwischen der Position des Pfluges und mir immer wieder sehr heilsam und positiv. Das war wohl auch mein Moment in dem ich meine Physiologie akzeptierte wie sie ist: Vicky, du bist einfach nicht für Morgenyoga gemacht. Es ist ok.
Und jetzt stehe ich vor dem nächsten Problem: Welcher Ashtanga-Yogalehrer gibt regelmäßig am Nachmittag Mysore-Stunden? Bitte kontaktiere mich. Grazie.
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