YIch kann mich noch genau an den Moment erinnern, als mir bewusst wurde, dass ich soweit bin: Ich bin bereit für ein Kind und ich möchte es gerne jetzt bekommen. Diese Erleuchtung kam mir im letzten Mai 2019 während meiner zweiten Yogalehrer-Ausbildung bei Yoga Vidya Allgäu während einer Lehrstunde für Schwangerenyoga, die eine andere Teilnehmerin hielt. Ich lag auf meiner Matte mit einem Kissen an meinen flachen Bauch gespannt und unter meinen Pullover gestopft, um die Einschränkungen einer schwangeren Kursteilnehmerin besser nachvollziehen und darstellen zu können. Vielleicht ist es ein natürliches Bedürfnis in diesem Moment zu glauben „Oooohh, wäre es nicht schön, schwanger zu sein?“. Aber ich fühlte, dass es für mich der echte Schalter war, der auf „Ich will nicht mehr warten!“ umgelegt wurde.
Und so teilte ich meinem Freund am gleichen Tag per WhatsApp-Voice-Sprachnachricht eine tolle Zukunftsidee mit und hoffte, dass ich nach der Fortbildung nicht ohne Partner zu Hause dastehen würde. Stattdessen kam aber ein erleichterndes Lachen als Rückmeldung und ein „Klar, bin ich dabei!“ Männer…
Und so warteten wir unsere größere Sommerreise im August ab und begannen das zu tun, was man so tut, wenn man schwanger werden möchte. Die eine ist sehr fokussiert und misst Eisprünge und Temperatur, die andere (z. B. ich) zählt einfach die Menstruationstage und hofft, dass es Pi mal Daumen schon klappt. Und im Januar hat es dann auch geklappt. Als Anfang-Mitte Februar meine Periode ausfiel und ich mir daraufhin nach einigen Tagen des Wartens einen Schwangerschaftstest aus der Apotheke holte, war ich zuerst aufgeregt und hoffnungsfroh. Als der Test dann zwei Striche anzeigte – also das Schwangerschaft-positiv-Zeichen –, dachte ich plötzlich: „Was haben wir getan???“. Wenn man ein Kind bekommt, gibt es kein Zurück mehr! Ich kann es nicht verkaufen, umtauschen oder zurückgeben, wenn es nicht passt. Es wird für immer die Verbindung zwischen meinem Partner und mir sein. Und was, wenn es zwischen ihm und mir nicht mehr funktioniert, wenn wir irgendwann gemeinsam unglücklich sein werden und uns trennen wollen???
Nun, dies sind wohl Gedanken, die viele werdende Eltern durchmachen, und es ist absolut legitim, dass bei solch einer Veränderung auch Ängste mit ins Spiel kommen. Aber wir haben zuvor unsere Entscheidung, Eltern zu werden, gut durchdacht und die Garantie für eine funktionierende Beziehung und eine Familie kann dir niemand geben – auch kein Standesamt, keine Kirche und erst recht kein Yogameister. Wir selbst sind dafür verantwortlich und wir selbst müssen reflektieren können, bis zu welchem Grad eine gemeinsame Familie noch gesund ist in einer Kindererziehung.
Kommen wir zurück zur Geschichte. Am gleichen Morgen des Schwangerschaftstests ging ich noch vor meinen Yogakursen zum Gynäkologen, um mir den Befund bestätigen zu lassen. Der Arzt untersuchte mich und sagt in seinem leicht osteuropäischen Akzent: „Ganz klar, sie sind schwanger!“ Ok, danke. Mit dieser Diagnose kommen natürlich viele Fragen auf einen zu. Auch wenn man denkt, dass man schon viel darüber gehört hat, wie man sich zu verhalten hat, wenn man schwanger ist (kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen! VIEL WASSER TRINKEN!!!), ist man doch auch als Yogalehrerin plötzlich etwas verwirrt. Der beste Ratschlag, den ich von jemandem im 1. Trimester bekommen habe, war tatsächlich der meines Gynäkologen: „Frau Renpenning, Sie sind nicht krank, Sie sind schwanger. Machen Sie alles einfach ganz genauso weiter wie davor!“ Dieser Ratschlag ist verglichen zu vielen anderen wirklich EMPOWERING. Eine Yogalehrerin hatte mir im 1. Trimester geraten, absolut kein Ashtanga oder Vinyasa Yoga mehr zu praktizieren und auf Yin Yoga umzuschalten. Diese Reaktion hat mich nicht nur verwundert, sondern mir auch Angst gemacht. Darf ich jetzt nur noch in Schonhaltung gehen? Yin Yoga ist eine wunderbare Art, Yoga zu praktizieren und den Körper in Ruhemodus zu bringen. Aber ich liebe auch die dynamischen Yogapraktiken, und die Vorstellung, dass ich das, was ich selber lehre, jetzt bereits nicht mehr praktizieren dürfte, war für mich einfach too much!
Nach der Diagnose Schwangerschaft, durfte ich gleich drei Stunden Prä- und Postnatalyoga unterrichten. Schwangerschaft und Babys waren also überall um mich herum. Eine Freundin ist für einen Monat nach Indien verreist. In der Zwischenzeit war ich die Vertretung für all die Frauen mit den dicken Bäuchen oder für die, die mit ihren Babys gemeinsam in Yogamodus gehen wollten. Auch hier habe ich einen tollen Rat einer Mutter bekommen, nachdem sie mich gefragt hatte, ob ich denn Kinder hätte. „Ich bin aktuell schwanger mit dem ersten“, antwortete ich. Die Reaktion: „Genieß die erste Schwangerschaft. Beim zweiten wirst du nicht mehr die Zeit dafür haben!“ Kleine Weisheiten im Alltag beglücken mein Herz.
Es ist bekannt, dass im ersten Schwangerschaftstrimester viele neue unangenehme Symptome auf die Frau zukommen. Verstärkte Geruchswahrnehmung, Morgenübelkeit und Müdigkeit sind nur einige dieser typischen Symptome. Einige Symptome, sind jedoch untypisch, aber trotzdem durch die Schwangerschaft bedingt. Ich habe gleich zu Beginn – noch bevor ich wusste, dass ich schwanger bin – eine Kurzatmigkeit entwickelt. Mein Kreislauf spann und bei kleinsten Anstrengungen, wie z. B. Stufen hochsteigen, bekam ich Herzrasen. Ich verstand nicht, was mit mir geschah. Entwickelte ich grundlos Panikattacken? Pranayama-Übungen und Selbstbeobachtung halfen mir, dies zu überwinden. Aber die Kurzatmigkeit und das Herzrasen kamen und gingen, wann sie wollten. Nach einem Monat verging es plötzlich und kam einige Wochen später wieder zurück. Aber da hatte ich bereits verstanden, dass auch dies ein Schwangerschaftssymptom sein konnte. Bei Kurzatmigkeit hilft übrigens das homöopathische Mittel Viola odorata. Kreislaufschwierigkeiten können gerade am Anfang, durch den Aufbau des embryonalen Blutkreislaufs und das Teilen des gemeinsamen Kreislaufs zwischen Mutter und Kind, öfter vorkommen. Aber auch dies kann in den späteren Wochen vergehen. In meinem Fall bestanden die ersten zehn Wochen meiner Schwangerschaft aus leichter Übelkeit, einem extremen Kältegefühl, vor allem im Bereich der Nieren, und einer inneren Schwäche und Antriebslosigkeit – neben den Atembeschwerden. Es war mir nicht nach spazieren gehen, joggen und auch nicht nach Yoga zumute. Angeblich soll Bewegung bei Schwangerschaftslethargie helfen. Jedoch haben mir persönlich der Alltagsjob und mein Yogaunterricht an Bewegung gereicht. Und dann kam das Coronavirus nach Europa…
Die Einschränkungen der Senatsverwaltung waren zwar für die meisten Menschen nicht schön, für mich waren sie jedoch hilfreich, aus dem Alltag rauszukommen und mich in meiner neuen Situation einzufinden. Ob du willst oder nicht: Wenn du schwanger bist, zeigt dir dein Körper seine Grenzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass du genauso weitermachen kannst, wie davor, ist, wenn du eine stark beschäftigte Person bist, gering, wenn du wenig beschäftigt bist, eher höher. Ich war froh, die Abende mal für mich zu haben, ordentlich zu Abend zu essen und einfach das zu machen, was meinem Körper jetzt gut tat. Und das waren am Ende des 1. Trimesters auch kleine Fitnesseinheiten zu Hause, Spaziergänge und eher einstündige Yogasessions in meinem Wohnzimmer, anstatt die volle erste Serie des Ashtanga Yoga durchzupraktizieren. Ich genoss die Yoga-YouTube-Videos meiner Freundin Janice Allermann und versuchte, mich in meinem Körper mit meinem Baby wohl zu fühlen. Jede Veränderung braucht Zeit…
Am Ende des 1. Trimesters fühlte ich mich wieder pudelwohl. Ich musste mich kein einziges Mal übergeben. Ich gab meinen Essensgelüsten nach, die mit Unmengen von Obst begannen, dann zu Milchschokolade gingen (ich war bis zu diesem Zeitpunkt seit fast 3 Monaten zuckerfrei) und auch zu Fleisch und Meeresfrüchten führten (in meinem Haushalt essen wir hauptsächlich vegan-vegetarisch). Viele wären sicherlich bei so einer Umstellung schockiert gewesen. Aber da ich mein Essverhalten seit langer Zeit beobachte und immer wieder anpasse, wusste ich, dass dies nicht ein Mangel an Selbstdisziplin war, sondern auch ein Zeichen des Körpers nach etwas, was er aktuell nicht aus anderen Nahrungsmitteln bekam. Eine tolle Unterstützung sind auch die Produkte der Marke Mütterlich – ein deutsches Unternehmen, das plastikfreie und vegane Nahrungsergänzungsmittel vor, während und nach der Schwangerschaft anbietet. Ich wollte versuchen, auf die synthetisch hergestellten Produkte von Bayerâ und Co. zu verzichten, und habe dieses wunderbare umweltfreundliche Produkt gefunden. Zugegebenermaßen bin auch ich immer skeptisch, gerade, wenn es um das Wohlbefinden meines Babys geht. Aber es wurden keine Mängel in meinem Blut festgestellt und ich fühlte mich mit jeder Schwangerschaftswoche immer energischer. Was auch immer es war, es fühlte sich richtig an.
Zu guter Letzt kann ich sagen, dass Schwangerschaft sehr verwirrend ist. Du denkst, dass du deinen Körper kennst, und plötzlich dreht er durch. Du möchtest aktiv und vital sein, aber trotzdem dein Baby schützen. Du willst dich gesund und verantwortungsbewusst ernähren und bei dem Gedanken an ein Stück Broccoli oder Salat wird dir übel. Ja, durch all das musste ich gehen und es ist lustig und zum Verzweifeln zugleich. Aber all das geht auch schnell wieder vorbei. Höre also im 1. Trimester auf deinen Körper, versuche Unterschiedliches aus, meide absolut Neues für deinen Körper, aber habe auch keine Angst, dass du das kleine Ding in dir gleich kaputt machen könntest. Unser Körper ist clever, er weiß, was er tut. Aber wir müssen ihm auch die Chance geben, es tun zu können. Trotzdem bist du die Einzige, die spüren kann, wie weit du mit deinem Körper gehen möchtest. Niemand braucht einen Kopfstand in der Schwangerschaft. Ein unsanfter Fall kann die Schwangerschaft gefährden. Wenn du aber sicher im Kopfstand stehst und evtl. das auch nur noch mit einer Wand als Stütze machst, ist es nichts Dramatisches. Ich selber spüre jeden Tag aufs Neue ab, was mir heute gut tut und wie weit ich heute gehe. DU musst dich in deiner Schwangerschaft wohlfühlen und dies geht nur durch Achtsamkeit und Ehrlichkeit zu dir selbst.
In Liebe,
Eure Vicky